Steuerbare Verbrauchseinrichtungen

Steuerbare Verbrauchseinrichtungen sind der Schlüssel zur Dekarbonisierung

Will Deutschland klimaneutral werden, gibt es besonders in den Sektoren Gebäude und Verkehr erhebliche Herausforderungen. In Deutschland sollen fossile Heizungen und Kraftfahrzeuge durch elektrische Systeme ersetzt werden. Damit die Niederspannungsnetze nicht überlasten, werden Wärmepumpen und Wallboxen, also private Kfz-Ladestationen, zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen. Was das bedeutet, zeigt Martin Brandis, Experte von der Energieberatung der Verbraucherzentrale, mit einem Überblick.

Was bedeutet steuerbare Verbrauchseinrichtung?

Bei einer erheblichen Zunahme elektrischer Verbraucher in den örtlichen Verteilnetzen muss verhindert werden, dass die Netze zeitweise überlastet werden. Deshalb dürfen örtliche Verteilnetzbetreiber im Notfall Zugriff auf steuerbare Verbrauchseinrichtungen nehmen. Und zwar aus der Ferne. Schon bei bisherigen Wärmepumpen oder Nachtspeicherheizungen durfte der Netzbetreiber die Stromzufuhr zeitweise unterbrechen. Neu bei den Regelungen zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen ist aber, dass die Stromzufuhr nur noch reduziert, aber nicht mehr unterbrochen werden darf.

„Die Bundesnetzagentur hat Regelungen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen festgelegt, um diese sicher, aber auch schnell ins Stromnetz zu integrieren“, erläutert Martin Brandis. Auch die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher spielen bei den Regelungen eine Rolle.

Die neuen Regelungen fasst Martin Brandis im Kern zusammen:

  • Verzögerungsfreier Netzanschluss: Netzbetreiber dürfen den Anschluss von Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für Elektroautos nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastungen ablehnen oder verzögern.
  • Temporäre Reduzierung der Stromzufuhr: Bei drohender Überlastung kann der Netzbetreiber den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär “dimmen”. Eine Mindestleistung von 4,2 Kilowatt bleibt dabei aber stets verfügbar: Wärmepumpen können bei niedrigerer Leistung weiter betrieben und Elektroautos in aller Regel in zwei Stunden für etwa 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden.
  • Wallbox und Wärmepumpe dürfen auch mehr beziehen, wenn dieser Strom aus einer eigenen Photovoltaikanlage kommt.
  • Neben Wärmepumpen und Wallboxen zählen außerdem Klimaanlagen und stationäre Batteriespeicher zu den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, deren Stromzufuhr aus den örtlichen Stromnetzen gedimmt werden darf. Der normale Haushaltsstrom ist von den Regelungen aber nicht betroffen.
  • Verbraucherinnen und Verbraucher müssen weniger Netzentgelte bezahlen. Die Reduzierung erfolgt pauschal oder prozentual als verringerter Strompreis. Ab April 2025 kann in Kombination mit der pauschalen Reduzierung des Netzentgelts ein zeitvariables Netzentgelt gewählt werden. Wer dann z. B. das Laden seines Elektroautos in die Nachtstunden mit weniger Netzauslastung verschiebt, spart dadurch Geld. Netzentgeltreduzierungen müssen beim Netzbetreiber beantragt werden.

Martin Brandis geht davon aus, dass das Fernsteuern der Netzbetreiber nur selten und temporär erfolgt, und viele Haushalte davon keine Einschränkungen merken werden. Zudem verfügen Wärmepumpenheizungen über Wärmespeicher, und Wallboxen laden lediglich langsamer.

Damit die betreffenden Anlagen als steuerbare Verbrauchseinrichtungen funktionieren, bedarf es Änderungen an den elektrischen Anlagen. So müssen diese mit intelligenten Messsystemen, Smart Meter genannt, ausgestattet werden. Außerdem bedarf es einer Steuerbox, auf die der Verteilnetzbetreiber zugreifen kann. Die Ausstattung mit der notwendigen Technik wird beim Netz- oder Messstellenbetreiber beauftragt.

Haushalten mit mehreren steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, z. B. Wärmepumpe und Wallbox oder mit Eigenerzeugung von Strom aus einer Photovoltaikanlage empfiehlt Martin Brandis den Einsatz eines Heim-Energiemanagementsystems, das Verbrauch, Speicherung und Erzeugung im Haus überwacht und steuert.

Martin Brandis weist abschließend darauf hin, dass diese Regelungen für alle Wärmepumpen, Wallboxen, Klimaanlagen und Batteriespeicher mit mehr als 4,2 Kilowatt elektrischer Leistung und mit Inbetriebnahme nach dem 1. Januar 2024 gelten. Für Anlagen, die schon davor als steuerbare Verbrauchseinrichtungen in Betrieb waren, ändert sich für die betreffenden Haushalte zunächst nichts. Nach einer Übergangsfrist, die spätestens am 31. Dezember 2028 endet, müssen auch diese Anlagen den neuen Regeln für steuerbare Verbrauchseinrichtungen folgen. Anlagen, die vor 2024 mit Haushaltsstrom versorgt wurden, müssen auch später den Regeln für steuerbare Verbrauchseinrichtungen nicht folgen und können auch nicht gedimmt werden.

Haushalte können freiwillig bestehende Wärmepumpen oder Wallboxen beim Netzbetreiber als steuerbare Verbrauchseinrichtungen anmelden und so das geringere Netzentgelt beanspruchen.

Wer nicht weiß, wer der zuständige Netzbetreiber in seiner Gemeinde ist, findet diese Information auf der gemeinsamen Plattform der Verteilnetzbetreiber www.vnbdigital.de.

Bei Fragen zur Nutzung erneuerbarer Energien in Privathaushalten hilft die Energieberatung der Verbraucherzentrale mit ihrem umfangreichen Angebot weiter. Die Beratung findet online, telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch statt. Unsere Fachleute informieren anbieterunabhängig und individuell. Für einkommensschwache Haushalte mit entsprechendem Nachweis sind die Beratungsangebote kostenfrei. Mehr Informationen gibt es auf www.verbraucherzentrale-energieberatung.de oder bundesweit kostenfrei unter 0800 – 809 802 400 und in unseren Vorträgen. Die Energieberatung der Verbraucherzentrale wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

 

Pressemitteilung als PDF zum Download