Steuerbare Verbrauchseinrichtung
Deutschland strebt Klimaneutralität an, was besonders in den Sektoren Gebäude und Verkehr erhebliche Herausforderungen mit sich bringt. Der vollständige Verzicht auf fossile Brennstoffe ist dabei essenziell. Aktuell dienen fossile Brennstoffe noch dazu, Gebäude zu beheizen und werden im Verkehr als Antrieb genutzt. Zukünftig sollen sie durch elektrische Systeme ersetzt werden.
Die Anzahl der Wärmepumpen und private Ladestationen für E-Autos (Wallboxen) steigt. Allerdings verbrauchen sie mehr Strom als die meisten anderen Haushaltsgeräte. Auf diese Spitzen sind die Niederspannungsnetze bisher nicht ausgelegt.
Um die Energiewende weiter voranzutreiben, wurde Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und die darauf beruhenden Festlegungen der Bundesnetzagentur geändert: So dürfen Netzbetreiber den Anschluss neuer Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos nun nicht mehr mit Verweis auf eine Überlastung des lokalen Netzes ablehnen oder verzögern. Um einer Überlastung dennoch vorzubeugen, erhalten sie die Möglichkeit, den Strombezug von Wärmepumpen und Wallboxen für eine gewisse Zeit zu begrenzen.
Das ist nur dann möglich, wenn Wärmepumpen und Wallboxen zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen werden.
Die Bundesnetzagentur veröffentlichte Ende 2023 neue Festlegungen, die sich vor allem mit der Einbindung dieser Technologien seit 2024 befassen.
Das Wichtigste in Kürze:
- Steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Wallboxen sind ein wichtiger Schritt für Deutschlands Klimaneutralität.
- Netzbetreiber dürfen diese Einrichtungen bei Bedarf temporär dimmen, um Überlastungen zu vermeiden, jedoch nicht vollständig abschalten.
- Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz gewährleisten einen verzögerungsfreien Netzanschluss für neue Anlagen.
- Eine Mindestleistung von 4,2 kW bleibt bei steuerbaren Verbrauchseinrichtungen stets verfügbar.
- Verbraucher profitieren von reduzierten Netzentgelten und können durch Energiemanagementsysteme (EMS) ihren Eigenverbrauch optimieren.
- Die Regelungen fördern die Integration erneuerbarer Energien und unterstützen Haushalte dabei, kosteneffizienter und umweltfreundlicher zu agieren.
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Was bedeutet steuerbare Verbrauchseinrichtung?
Die neuen Regelungen für steuerbare Verbrauchseinrichtung
Registrierung zur Netzstabilisierung und zum Geld sparen
Inbetriebnahme einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung
Möglichkeiten, Kosten zu reduzieren
Was bedeutet steuerbare Verbrauchseinrichtung?
Mit der erheblichen Zunahme elektrischer Verbraucher in den örtlichen Verteilnetzen muss verhindert werden, dass die Netze zeitweise überlastet werden. Deshalb dürfen örtliche Verteilnetzbetreiber im Notfall aus der Ferne auf steuerbare Verbrauchseinrichtungen zugreifen. Bisher durfte der Netzbetreiber die Stromzufuhr bei Wärmepumpen oder Nachtspeicherheizungen zeitweise unterbrechen. Neu ist, dass mit den steuerbaren Verbrauchseinrichtung die Stromzufuhr nur noch reduziert, aber nicht mehr unterbrochen werden darf.
Die Höhe der Mindestleistung hängt von der Steuerung Ihrer Verbrauchseinrichtung ab. Es wird zwischen einer Direktsteuerung und einem Energiemanagementsystem (EMS) unterschieden. Bei der Direktsteuerung beträgt die Mindestleistung je Verbrauchseinrichtung im Regelfall 4,2 kW. Ein EMS wird im besten Fall angewendet, wenn mehrere Anlagen gesteuert werden müssen. Hier wird die Mindestleistung für alle steuerbaren Verbrauchseinrichtungen als Gesamtwert ermittelt. Dafür wurde ein sogenannter „Gleichzeitigkeitsfaktor“ definiert, der von der jeweiligen Anzahl der zu steuernden Geräte abhängt:
Anzahl der Geräte gemäß §14a | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | Ab 9 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Gleichzeitigkeitsfaktor | 0,8 | 0,75 | 0,7 | 0,65 | 0,6 | 0,55 | 0,5 | 0,45 |
Die Mindestleistung lässt sich wie folgt berechnen:
Mindestleistung= 4,2 kW + ((Anzahl der Geräte gemäß §14a) – 1) x Gleichzeitigkeitsfaktor x 4,2 kW
Beispiel für 3 Geräte gemäß §14a:
Mindestleistung= 4,2 kW + (3 – 1) x 0,75 x 4,2 kW = 10,5 kW
Die Regelungen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen sollen die zunehmende Anzahl von Wärmepumpen und Wallboxen sicher und schnell ins Stromnetz integrieren. Gleichzeitig berücksichtigen sie die Interessen der Verbraucher:innen.
Die neuen Regelungen für steuerbare Verbrauchseinrichtung:
→ Für folgende Anlagen gelten diese Regeln:
- Wärmepumpen
- Klimaanlagen
- Wallboxen
- Stromspeicher
→ Verzögerungsfreier Netzanschluss: Netzbetreiber dürfen den Anschluss von Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für Elektroautos nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastungen ablehnen oder verzögern.
→ Temporäre Reduzierung der Stromzufuhr: Bei drohender Überlastung kann der Netzbetreiber den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär reduzieren, dimmen genannt.
- Eine Mindestleistung von 4,2 Kilowatt bleibt dabei stets verfügbar: Wärmepumpen können bei niedrigerer Leistung weiter betrieben und Elektroautos in aller Regel in zwei Stunden für etwa 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden.</li
- Der Netzbetreiber darf die Leistung im betroffenen Netzbereich höchstens bis zu zwei Stunden am Tag reduzieren.</li
- Diese Regelung gilt maximal 24 Monate ab der ersten präventiven Steuerung.
Der Haushaltsstrom ist von der Dimmbarkeit nicht betroffen.
→ Nutzung von Photovoltaikanlagen: Wallbox und Wärmepumpe dürfen mehr Strom beziehen, wenn dieser Strom aus einer eigenen Photovoltaikanlage kommt.
→ Reduzierung der Netzentgelte: Verbraucher:innen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen müssen weniger Netzentgelte bezahlen. Sie haben die Wahl, ob die Reduzierung pauschal oder prozentual als verringerter Strompreis erfolgt. Ab April 2025 kann die pauschalte mit zeitvariablen Netzentgelt Netzentgelt gewählt werden. Wer das Laden seines Elektroautos in die Nachtstunden mit weniger Netzauslastung verschiebt, spart dadurch Geld.
Es ist davon auszugehen, dass die Netzbetreiber nur selten und wenn, dann nur für kurze Zeitspannen die Leistungen der Verbrauchseinrichtungen reduzieren werden. Kaum ein Haushalt wird eine Einschränkung bemerken, da Wärmepumpenheizungen über Wärmespeicher verfügen und Wallboxen dann lediglich langsamer laden.
Damit die betreffenden Anlagen als steuerbare Verbrauchseinrichtungen funktionieren, bedarf es Änderungen an den elektrischen Anlagen. Sie müssen mit intelligenten Messsystemen (Smart Meter) ausgestattet werden. Außerdem bedarf es einer Steuerbox, auf die der Verteilnetzbetreiber zugreifen kann. Die Ausstattung mit der notwendigen Technik wird beim Netz- oder Messstellenbetreiber beauftragt.
Für Haushalte mit mehreren steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, zum Beispiel Wärmepumpe und Wallbox oder mit eigener Photovoltaikanlage, empfiehlt es sich ein Heim-Energiemanagementsystem einzusetzen. Es überwacht und steuert den Verbrauch, die Speicherung und die Energieerzeugung im Haus.
Diese Regelungen gelten für alle Wärmepumpen, Wallboxen, Klimaanlagen und Batteriespeicher mit mehr als 4,2 Kilowatt elektrischer Leistung, die nach dem 1. Januar 2024 in Betrieb genommen wurden. Anlagen, die davor als steuerbare Verbrauchseinrichtungen in Betrieb genommen wurden, haben eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2028. Dann müssen auch sie den neuen Regeln für steuerbare Verbrauchseinrichtungen folgen. Ältere Anlagen, die mit Haushaltsstrom versorgt wurden, sind von der Regelung ausgenommen. Sie können auch nicht gedimmt werden.
Registrierung zur Netzstabilisierung und zum Geld sparen
Haushalte können freiwillig bestehende Wärmepumpen oder Wallboxen beim Netzbetreiber als steuerbare Verbrauchseinrichtungen anmelden. Sie profitieren dann von den geringeren Netzentgelten. Wer nicht weiß, welcher Netzbetreiber zuständig ist, findet diese Information auf der Verteilnetzbetreiber www.vnbdigital.de.
Die Wahl für das passende Modul der Netzentgeltreduzierung, wird dem Netzbetreiber bei der Anmeldung der steuerbaren Verbrauchseinrichtung mitgeteilt. Alternativ kann sie beim Abschluss eines Energieliefervertrages erfolgen.
Inbetriebnahme einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung
Bevor eine steuerbare Verbrauchseinrichtung in Betrieb genommen werden kann, muss zwischen zwei Arten der Ansteuerung gewählt werden: der Direktansteuerung und der Ansteuerung über ein Energie-Management-System.
Bei der Direktansteuerung wird der Verbrauch der Anlage (Wärmepumpe, Wallbox, Klimaanlage, Stromspeicher) unmittelbar im vorgegebenen Maße gesenkt.
Betreibt ein Haushalt mehrere dieser Anlagen, bietet sich ein Energie-Management-Systeme (EMS) an. Es überwacht, steuert und analysiert den Energieverbrauch aller angeschlossenen Anlagen. So kann der eigene Verbrauch besser kontrolliert werden und mehr selbsterzeugter Strom, zum Beispiel beim Betreiben einer Photovoltaikanlage genutzt werden. Das senkt die Energiekosten und stärkt die Unabhängigkeit vom Stromversorger.
Bekommt der Netzbetreiber die Möglichkeit, über ein EMS den Stromverbrauch eines Haushaltes temporär zu reduzieren, wird die Mindestleistung anhand der angeschlossenen Verbrauchseinrichtungen festgelegt. Es gilt also 4,2 Kilowatt mal der angeschlossenen Anlagen multipliziert mit einem Gleichzeitigkeitsfaktor. Dieser Faktor bewegt sich zwischen 0,8 bei zwei integrierten steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, zum Beispiel einer Wärmepumpe und einem Speicher, und 0,45 bei neun und mehr integrierten steuerbaren Verbrauchseinrichtungen. Die Mindestleistung erhöht sich mit der Ansteuerung über ein Energie-Management-System jedenfalls deutlich.
Möglichkeiten, Kosten zu reduzieren
Als Gegenleistung für die netzorientierte Steuerung, können die Betreiber:innen von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen mit einem reduziertem Netzentgelt rechnen. Sie haben die Wahl zwischen folgenden Modulen:
- Modul 1: Das Netzentgelt wird pauschal reduziert. Die Pauschale legt jeder Netzbetreiber individuell fest. Sie gilt dann für das gesamte Bundesgebiet. Laut der Bundesnetzagentur kann sie zwischen 110 und 190 Euro im Jahr liegen.
Die Pauschale wird in der Stromrechnung berücksichtigt. Das gewählte Modul muss transparent in der Stromrechnung aufgeführt werden. - Modul 2: Der Netzentgelt-Arbeitspreis (ct/kWh) wird prozentual auf 40 Prozent reduziert. Für dieses Modul bedarf es eines zusätzlichen Zählers. So kann der Verbrauch der steuerbaren Verbrauchseinrichtung separat abgerechnet werden. Der Netzbetreiber darf für den Verbrauch am Zähler für die steuerbaren Verbrauchseinrichtung keinen Netzentgelt-Grundpreis berechnen.
- Modul 3: Ab April 2025 kann das Modul 1 mit zeitvariablen Netzentgelten kombiniert werden.
Sie sollen Verbraucher:innen motivieren, ihren Verbrauch in solche Tageszeiten zu verschieben, in denen das Netz geringer ausgelastet ist. So wird das Netz effizienter ausgelastet und sie sparen Geld. Geplant sind mehrere Zeitfenster, mit drei unterschiedlichen Preisstufen für die jeweiligen örtlich geltenden Netzentgelte (HT / NT / ST). Diese werden einmal jährlich definiert und sollen in mindestens zwei Quartalen abgerechnet werden.
Ihr Ansprechpartner für steuerbare Verbrauchseinrichtungen
Bei Fragen zur Nutzung erneuerbarer Energien in Privathaushalten hilft die Energieberatung der Verbraucherzentrale mit ihrem umfangreichen Angebot weiter. Die Energieberatung findet online, telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch statt. Unsere Fachleute informieren anbieterunabhängig und individuell. Für einkommensschwache Haushalte mit entsprechendem Nachweis sind die Beratungsangebote kostenfrei.